Kapitalrendite

Quasi alle Betrachtungsweisen der Unternehmensanalyse lassen sich auf ein zentrales Element zurückführen: Wertschöpfung. Ein Unternehmen kann nur dann auf lange Sicht bestehen und ein Aktienkurs nur dann nachhaltig zulegen, wenn das betreffende Unternehmen eine positive Wertschöpfung betreibt.

Aus der Veränderung verschiedener Bewertungskennzahlen oder beispielsweise der Ergebnismargen eines Unternehmens innerhalb eines bestimmten Zeitraums, kann geschlossen werden, ob ein Unternehmen eine positive Wertschöpfung betreibt.

Nun möchten wir den Stier bei den Hörnern packen und dem Schlagwort Wertschöpfung auf den Grund gehen. Dem Wortlaut nach muss ein Unternehmen also Werte schöpfen. Anders gesagt: Ein Unternehmen muss für die Investoren eine Rendite erwirtschaften, damit deren Investment sich verzinst und damit lohnenswert ist. Da die Kapitalgeber Kapital zur Verfügung stellen und das Unternehmen mit diesem arbeitet, wird die zu erzielende Rendite Kapitalrendite genannt.

Kapitalrendite ist also das zentrale Thema, um das es beim Wirtschaften eines Unternehmens geht. Dabei muss die Kapitalrendite ausreichend hoch sein, um den Ansprüchen der Investoren zu genügen. Wie hoch? Dazu später mehr. Gehen wir der Reihe nach vor. Ein Unternehmen arbeitet also mit dem von Investoren zur Verfügung gestellten Kapital und muss dieses im Rahmen seiner operativen Tätigkeit bestmöglich einsetzen und vermehren, also eine positive Wertschöpfung erzielen.

Die Messung der Wertschöpfung erfolgt dabei, indem eine Ergebniskennzahl aus der Gewinn- und Verlustrechnung ins Verhältnis mit einer Kapitalgröße, einer Bezugsgröße aus der Bilanz, gesetzt wird. Das Resultat ist ein Quotient aus Ertrag und Kapital, welcher üblicherweise prozentual ausgedrückt wird. Haben wir beispielsweise einen Ertrag von 1 im Verhältnis zu einer Kapitalgröße von 2, so beträgt die Kapitalrendite in diesem Falle 50%. Dabei werden verschiedene Betrachtungsweisen der Kapitalrendite verwendet, mit unterschiedlichen Ergebniskennzahlen und Kapitalgrößen als Berechnungsgrößen.

Ergänzend empfehle ich Ihnen, unbedingt einen Blick auf unseren ausführlichen Beitrag zu Ergebnismargen zu werfen.

ROI

Die elementarste Kennzahl für die Kapitalrendite ist dabei das sogenannte Return on Investment (ROI = Gesamtkapitalrendite). Dieses zieht die unmittelbarsten Kenngrößen heran. Zum einen wird der Jahresüberschuss als Ertragskennzahl und zum anderen das Gesamtkapital bzw. die Bilanzsumme als Kapitalgröße verwendet.

ROI

Das ROI drückt also aus, wie das gesamte Kapital, über das ein Unternehmen verfügt, verzinst wird und ist damit die grundlegendste aller Kapitalrendite-Kennzahlen. Der Hintergrund dieser Kennzahl wird deutlich, wenn man diese in seine Einzelteile zerlegt. So kann das ROI auch anders, nämlich als Produkt aus Umsatzrendite und Kapitalumschlag, definiert werden (siehe Formel).

Kapitalrendite

Prinzipiell kann also dann die maximale Wertschöpfung erzielt werden, wenn ein Unternehmen einen möglichst hohen Gewinn im Verhältnis zum Umsatz (Ergebnismarge), sowie eine möglichst hohe Schlagzahl beim Verkauf seiner Produkte oder Dienstleistungen aufweist (Kapitalumschlag). Die Devise heißt also, möglichst viel und schnell zu einem hohen Preis bei niedrigen Kosten zu verkaufen. Alles, was den Erfolg eines Unternehmens ausmacht, bündelt sich in dieser Formel. Probleme treten immer dann auf, wenn Umsätze sinken, niedrigere Preise erzielt werden oder die Kosten zu hoch sind. Umgekehrt stellt sich Erfolg ein, wenn ein Unternehmen diese Punkte im Griff hat.

Es wird also deutlich, dass die Kapitalrendite nicht nur simpel zu berechnen ist, sondern auch eine hohe Aussagekraft besitzt. Insbesondere letzterer Faktor macht die Kennzahl so bedeutsam und wichtig.

ROA

Da das ROI als Ertragsgröße den Jahresüberschuss verwendet, ist der Zinsaufwand, also die Verzinsung für die Fremdkapitalgeber, bereits abgezogen und nicht mehr enthalten. Dies führt insbesondere bei Unternehmen mit einem hohen Fremdkapitalanteil zu einem verzerrten Bild der Gesamtkapitalrendite. Daher existiert eine alternative Variante, welche die Fremdkapitalzinsen berücksichtigt.

Beim sogenannten Return on Assets (ROA) wird zum Jahresüberschuss der Zinsaufwand wieder hinzuaddiert. Als Konsequenz erhält man den Ertrag des Unternehmens, der sowohl Eigen-, als auch Fremdkapitalgebern, zur Verfügung steht. Der Bezug zum Gesamtkapital erscheint so sinnvoller und spiegelt ein realistischeres Bild wider.

ROA

ROE

Möchte man als Aktionär, also Eigenkapitalgeber des Unternehmens, nur die Rendite in Erfahrung bringen, die auf eben dieses Kapital entfällt, dann bietet sich die Berechnung der Eigenkapitalrendite (Return on Equity = ROE) an. Hierbei wird zur Berechnung der Jahresüberschuss herangezogen. Der Jahresüberschuss ist der Anteil, der den Eigenkapitalgebern, z.B. für Dividenden, zur Verfügung steht. Fremdkapitalzinsen sind hier bereits abgezogen bzw. die Fremdkapitalgeber sind bereits bedient. Die zweite Bezugsgröße des ROE ist dementsprechend das Eigenkapital.

ROE

ROCE

Es ist eine weitere Möglichkeit, die Kapitalrendite vor jeglicher Bedienung der Kapitalgeber zu betrachten. Diese Herangehensweise betrachtet damit die Rendite des Unternehmens, die allen Kapitalgebern zur Verfügung steht. Diese Kapitalrendite ist das Return on Capital Employed (ROCE = Rendite auf das eingesetzte Kapital). Das ROCE bringt anders gesagt zum Ausdruck, wie groß die erwirtschaftete Rendite aus dem operativen Geschäft ist. Da diese Betrachtung jegliche Finanzierungskosten außer acht lässt, ist das ROCE insbesondere dafür geeignet, verschiedene Unternehmen mit unterschiedlichen Finanzierungsstrukturen zu vergleichen und bietet sich daher als generelle Vergleichsgröße an. Die Berechnung des ROCE erfolgt durch die Division des Ergebnis vor Steuern und Zinsen (EBIT) und des sogenannten Capital Employed.

ROCE (ausführlich)

Das Capital Employed ist dabei das Kapital, das zur Erwirtschaftung des ausgewiesenen EBIT eingesetzt wurde. Zur Berechnung des Capital Employed wird das langfristige Vermögen und das Nettoumlaufvermögen addiert. Das langfristige Vermögen enthält dabei Sachanlagen wie Maschinen, Gebäude, oder PCs, aber auch immaterielle Vermögensgegenstände wie Markenrechte, Lizenzen, Patente etc. Das Nettoumlaufvermögen ist die Differenz aus kurzfristigen Vermögensgegenständen, ausgenommen liquider Mittel und Wertpapiere, und kurzfristigen Verbindlichkeiten.

Kurzfristige Vermögensgegenstände setzen sich in der Regel überwiegend aus Forderungen und Vorräten zusammen, während kurzfristige Verbindlichkeiten zumeist aus Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen oder Rückstellungen bestehen. Liquide Mittel werden in der Regel als nicht betriebsnotwendig klassifiziert und aus diesem Grund nicht ins Capital Employed einbezogen.

Capital Employed

Zum selben Ergebnis gelangt man, wenn man die kurzfristigen Verbindlichkeiten sowie die liquidem Mittel inklusive eventueller Wertpapiere vom Gesamtvermögen (Bilanzsumme) abzieht.

Capital Employed (ausführlich)

Da das ROCE eine finanzierungsneutrale Kenngröße ist und sich lediglich auf den Erfolg aus dem operativen Geschäft bezieht, ist diese Kennzahl die bevorzugte Variante der Kapitalrendite-Betrachtung. Ein Beispiel: Erzielt ein Unternehmen aus dem operativen Geschäft heraus ein EBIT in Höhe von 1 Mio. € und ein verfügt über ein Capital Employed in Höhe von 10 Mio. €, so bedeutet dies, dass das Kapital, das im Rahmen der wirtschaftlichen Tätigkeit eingesetzt wurde, um einen Wert von 10% verzinst wurde.

Exkurs: Kapitalkosten

Das Gegenstück zur Kapitalrendite sind die Kapitalkosten. Die Kapitalkosten sind die erwartete Verzinsung des Kapitals der Kapitalgeber. Dabei haben Eigen- und Fremdkapitalgeber unterschiedliche Vorstellungen der Höhe der Verzinsung. Während Fremdkapitalgeber den entsprechenden Fremdkapitalzins verlangen, ist die Renditeerwartung der Eigenkapitalgeber meist höher. Der Grund dafür ist, dass Eigenkapital nachrangig behandelt wird. Im Falle einer Insolvenz gehen Eigenkapitalgeber also leer aus. Entsprechend höher ist das Risiko für Eigenkapitalgeber, welche daher einen Risikoaufschlag bei der Verzinsung verlangen.

Die Bestimmung sowohl der Eigenkapitalkosten, als auch der Gesamtkapitalkosten, ist ein eigenständiges und sehr komplexes Thema. Der Vollständigkeit halber stellen wir nachfolgend kurz die Berechnung der Kapitalkosten dar. Da Unternehmen in der Regel mit Eigen- und Fremdkapital finanziert sind, muss für die Berechnung der gesamten Eigenkapitalkosten eine gewichtete Zahl herangezogen werden, die sogenannten gewichteten Kapitalkosten (Weighted Average Cost of Capital = WACC). Die Berechnung ist dabei wie folgt vorzunehmen:

WACC

Wobei EK = Eigenkapital, GK = Gesamtkapital, FK = Fremdkapital, rek = Eigenkapitalkosten, rfk = Fremdkapitalkosten und t = Unternehmenssteuersatz (in Deutschland in der Regel 29,8%).

Value Spread

Hat man die beiden Größen ROCE und Kapitalkosten ermittelt, kann man die Differenz zwischen den beiden errechnen und erhält dann den Wert des sog. Value Spread (Wertdifferenz).

Value Spread

Erwirtschaftet ein Unternehmen eine höhere Kapitalrendite, als es Kapitalkosten tragen muss, findet eine positive Wertschöpfung statt. Umgekehrt vernichten Unternehmen Werte, wenn die Kapitalkosten die Kapitalrendite übersteigen (negativer Value Spread). Erreicht ein Unternehmen eine positive Wertschöpfung? Die Variable Value Spread gibt die Antwort auf diese zentrale Frage der Unternehmensbewertung.

Fazit

Die Betrachtung der Kapitalrendite und auch der Kapitalkosten macht deutlich, dass es nicht unbedingt nur entscheidend ist, ob ein Unternehmen Gewinne erwirtschaftet. Vielmehr ist auch essenziell, wie hoch diese ausfallen. Nur, wenn die Gewinne im Verhältnis zum eingesetzten Kapital ausreichend hoch sind, können die Kapitalkosten auch überkompensiert werden. Das Fundament für nachhaltig steigende Aktienkurse ist letztendlich nur dann gegeben, wenn eine solche positive Wertschöpfung stattfindet.

Wie Sie die Wertschöpfung genauer feststellen können, erklären wir im Detail im empfohlenen Beitrag zu Wertschöpfungsanalyse

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