Kapitalkosten

Wie wir inzwischen festgestellt haben, ist die Kapitalrendite eines der zentralen Themen der Unternehmensbewertung. Nur wenn ein Unternehmen in der Lage ist, eine Verzinsung des eingesetzten Kapitals in angemessener Höhe zu erwirtschaften, findet auch eine positive Wertschöpfung statt. Dies wiederum ist die Voraussetzung für einen nachhaltig steigenden Aktienkurs.

Als wir über Kapitalrendite gesprochen haben, haben wir auch erörtert, wie hoch die Kapitalrendite denn überhaupt sein muss, um die angesprochene Wertschöpfung zu erzielen. Die Antwort auf diese Fragestellung gaben die Kapitalkosten. Diese Tatsache können Sie mit einem einfachen Beispiel vergleichen.

Nehmen Sie an, Sie nehmen einen Kredit auf. Für diesen müssen Sie einen bestimmten Zins zahlen. Solange Sie das Geld aus dem Kredit nicht gewinnbringend investieren, machen Sie Verlust, nämlich genau in der Höhe der Kreditzinsen. Nur wenn Sie das Geld dazu verwenden, gewinnbringend zu arbeiten, können Sie einen monetären Ausgleich für die Zinsen erlangen. Sie könnten das Geld beispielsweise in eine Immobilie investieren und darauf setzen, dass der Wert dieser zulegt. Oder Sie investieren das Geld in Anleihen, die einen höheren Coupon abwerfen, als die Kreditzinsen kosten. Letztendlich bleibt unter dem Strich immer folgende Erkenntnis: Nur wenn Sie das Geld aus dem Kredit um einen Faktor vermehren, der über dem Kreditzins liegt, steigern Sie Ihr Vermögen.

Bei Unternehmen ist es nicht anders. Auch diese müssen mit dem vorhandenen Kapital so wirtschaften, dass die Kapitalkosten übertroffen werden. Andernfalls findet eine Wertvernichtung statt und das Unternehmen wird folglich früher oder später aus dem Markt ausscheiden.

Im Falle eines Unternehmens gibt es nur einen entscheidenden Unterschied. Kapital stammt aus verschiedenen Quellen. Auf der einen Seite stellen die Aktionäre dem Unternehmen Eigenkapital zur Verfügung, indem Sie Aktien zeichnen. Auf der anderen Seite kann sich das Unternehmen auch mit Fremdkapital finanzieren, etwa über Bankkredite oder Anleihen.

Gewichtete Kapitalkosten (WACC)

Kapitalkosten

Wenn Sie als Privatperson einen Kredit aufnehmen, handelt es sich dabei immer um Fremdkapital. Ihr Eigenkapital ist das Geld, das Sie anderweitig verdient haben. Letztendlich gehört es ganz Ihnen und kein Aktionär kann eine Verzinsung dieses Geldes verlangen. Mit der Aufnahme von Fremdkapital würden sich Ihre Kapitalkosten ausschließlich aus dem Kreditzins zusammensetzen. Eine überschaubare Rechnung.

Ein Unternehmen wirtschaftet aber in der Regel mit Eigen- und Fremdkapital. Aus diesem Grund muss ein Weg gefunden werden, um die Kapitalkosten aus den Eigen- und Fremdkapitalkosten zusammenzurechnen. Dazu werden zunächst die Eigen- und Fremdkapitalkosten entsprechend ihres Anteils an der Bilanzsumme eines Unternehmens gewichtet. Das Resultat sind die gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten (engl.: Weighted Average Cost of Capital = WACC)

WACC

Wobei EK = Eigenkapital, GK = Gesamtkapital, FK = Fremdkapital, rek = Eigenkapitalkosten, rfk = Fremdkapitalkosten und t = Unternehmenssteuersatz.

Die Berechnung ist intuitiv. Der Eigenkapitalanteil mal die Eigenkapitalkosten plus der Fremdkapitalanteil mal die Fremdkapitalkosten. Wenn ein Unternehmen ausschließlich mit Eigenkapital finanziert wäre, würden die Fremdkapitalkosten mit 0 angesetzt werden. Der Eigen- und Fremdkapitalanteil kann dabei problemlos aus der Bilanz herausgelesen werden.

Verfügt ein Unternehmen bspw. über eine Bilanzsumme von 100 Mio. € und Eigenkapital von 40 Mio. €, dann beträgt der Eigenkapitalanteil 40% und der Fremdkapitalanteil die restlichen 60%.

Fremdkapitalkosten

Die Bestimmung der Fremdkapitalkosten ist einer der einfachen Rechnungen bei der Ermittlung des WACC. Da Fremdkapital in der Regel vertraglich bestimmten Konditionen unterliegt, ist der Zinssatz weitgehend festgelegt. Hat ein Unternehmen einen Kredit aufgenommen, so ist bekannt, wie hoch die Verzinsung angesetzt ist. Dies sind die Fremdkapitalkosten. Nutzt ein Unternehmen mehrere Fremdfinanzierungsquellen, muss man zwar einen entsprechenden Durchschnittswert bilden, jedoch ist auch dieser unproblematisch zu ermitteln.

Die meisten börsennotierten Unternehmen machen im Anhang der Geschäftsberichte Angaben darüber, wie das Fremdkapital verzinst ist. Der Teil (1-t) in der obigen Gleichung wird “Tax Shield” (Steuerschild) genannt und korrigiert die Steuern, die auf die Fremdkapitalkosten anfallen. In den meisten Ländern besteht die Möglichkeit, Fremdkapitalzinsen steuerlich abzuziehen. Wenn man die Fremdkapitalkosten mit (1-t) multipliziert, gelangt man zum Resultat der Nachsteuer-Fremdkapitalkosten. Die Nachsteuer-Fremdkapitalkosten sind daher die anzuwendende Größe.

Hat ein Unternehmen etwa Fremdkapitalkosten von 10% und unterliegt einem Steuersatz von 30%, dann betragen die anzusetzenden Fremdkapitalkosten nur 7%, da 30% der Fremdkapitalkosten steuerlich abziehbar sind (10% * (1-30%)).

Eigenkapitalkosten

Die Bestimmung der Eigenkapitalkosten ist deutlich komplizierter als die der Fremdkapitalkosten. Im Gegenteil zum Fremdkapital ist beim Eigenkapital keine Verzinsung festgelegt. Natürlich bekommt ein Aktionär, der Aktien eines Unternehmens zeichnet, kein Renditeversprechen. Vielmehr erwartet der Aktionär, eine möglichst hohe Rendite zu erzielen. Es muss also ein Weg gefunden werden, um die Eigenkapitalkosten auf indirekte Art und Weise zu bestimmen.

Das Vorgehen der Eigenkapitalkostenbestimmung ist nicht ganz einfach und auch in der Fachwelt sehr umstritten. Das am weitesten anerkannte und verwendete Modell ist jedoch das sogenannte Capital Asset Pricing-Modell (CAPM). Die CAPM-Methode versucht die Eigenkapitalkosten anhand gegebener Marktdaten abzuleiten, wobei dafür folgende Formel Verwendung findet:

Eigenkapitalkosten

Im Folgenden werden wir die einzelnen Komponenten der Eigenkapitalkosten genauer erläutern.

Risikolose Rendite

Die risikolose Rendite ist eine Größe, die vom Markt vorgegeben ist. Dabei bestimmt sich diese nach derjenigen Rendite, die ein Investor erzielen kann, ohne das Risiko eines Ausfalls seines Investments tragen zu müssen. In Deutschland wird dafür die risikolose Rendite von langlaufenden Staatsanleihen herangezogen, wie etwa 10-jährige Bundesanleihen. Angesichts der grassierenden Schuldenkrise stellt sich natürlich die Frage, ob Staatsanleihen überhaupt noch als risikolos eingestuft werden können. Dieser Problematik sollten wir uns an dieser Stelle jedoch nicht widmen, da Deutschland nach wie vor mit der höchsten Bonität ausgestattet ist.

Marktrisikoprämie

Die Marktrisikoprämie bestimmt die Überrendite des Gesamtmarktes gegenüber der risikolosen Rendite (Marktrendite - risikolose Rendite). Die Marktrendite bezieht sich dabei auf einen möglichst repräsentativen Aktienindex, wie z.B. den DAX in Deutschland. Da der DAX lediglich die 30 größten deutschen Unternehmen beinhaltet, bietet sich zuweilen sicherlich auch die Verwendung anderer Indizes an, je nachdem welchen Einzeltitel man bewerten möchte. Bei einer Betrachtung internationaler Werte ist auch das Heranziehen von internationalen Indizes wie etwa dem MSCI World denkbar.

Die Marktrisikoprämie bezieht sich dabei auf vergangenheitsbezogene Daten, misst also, wie hoch die Überrendite des Gesamtmarktes gegenüber der risikolosen Rendite in der Vergangenheit war. Hierfür sind natürlich genaue Aufzeichnungen und Beobachtungen von Nöten, um einen validen Wert zu ermitteln. Dies wird von verschiedenen Seiten getan, sodass man sich auf entsprechende Ergebnisse beziehen kann. In Deutschland bietet sich auf Basis vergangenheitsbezogener Daten eine Marktrisikoprämie von 5-6% an.

Beta

Schließlich bedarf es der Bestimmung des Betas. Das Beta misst das systematische Risiko einer Aktie im Vergleich zum Gesamtmarkt. Anders ausgedrückt misst das Beta das Schwankungsverhalten einer Aktie zum Gesamtmarkt. Bei einem Beta von 1 korreliert die Aktie exakt mit dem Gesamtmarkt. Bei einem Beta von 0 verhält sich die Aktie komplett konträr zum Gesamtmarkt, wobei Betas von 0 in der Praxis kaum zu finden sind. Vielmehr sind die Betas im besten Falle sehr klein.

Betas von nahe 1 weisen dementsprechend vor allem die großen Indexwerte auf, die sich kaum von der Gesamtmarktbewegung abkoppeln. Nebenwerte haben oftmals Betawerte von deutlich kleiner 1. Dies zeigt, dass Nebenwerte sich häufig unabhängig vom Vergleichsindex verhalten, also dann nicht fallen, wenn der Index fällt, aber auch nicht im selben Maße wie der Gesamtmarkt steigen. Dies ist ein Phänomen, das bei Nebenwerten immer wieder beobachtbar ist, gleichzeitig aber große Vorteile bringt, insbesondere bei fallenden Märkten.

Mathematisch ausgedrückt, ist das Beta die Kovarianz einer Aktie zum Gesamtmarkt, geteilt durch die Varianz der Renditen des Gesamtmarktes:

Beta

Zur Berechnung des Betas kann man die Unterstützung von Tabellenkalkulationsprogrammen heranziehen, welche die Funktion der Kovarianz und Varianz problemlos berechnen können. Hierbei stellt sich nur die Frage, welchen Index man als Gesamtmarkt heranzieht und über welchen Zeitraum die Messung vorgenommen wird. Bezüglich des Gesamtmarktes bietet es sich an, den gleichen Index wie zur Ermittlung der Marktrisikoprämie zu wählen. In Deutschland wird dies der DAX oder im Einzelfall ein anderer Vergleichsindex sein, etwa der breiter aufgestellte CDAX.

Es keinen ausdrücklichen Konsens, was den genauen Zeitraum der Datenerhebung anbelangt. Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass fünf Jahre mit monatlichen Daten, also insgesamt 60 Datensätze, gute Resultate liefern. Alternativ werden Betazahlen auch von einigen Datenanbietern bereitgestellt, deren Verwendung man allerdings mit Vorsicht genießen sollte, wenn man die genaue Berechnungsvariante nicht kennt.

Optimale Kapitalstruktur

Bei der Berechnung der Eigenkapitalkosten wird man feststellen, dass diese in der Regel deutlich über den Fremdkapitalkosten liegen. Das ist insbesondere durch das Risiko der Eigenkapitalgeber bedingt. Im Falle einer Insolvenz eines Unternehmens gehen Eigenkapitalgeber, also Aktionäre, nämlich meist leer aus, wohingegen Fremdkapitalgeber aus der Masse oftmals noch einen Teil ihres Kapitals wiederbekommen. Eigenkapital ist nachrangig.

Im Umkehrschluss heißt das auch, dass ein Unternehmen, das über 100% Eigenkapital verfügt, die höchsten Eigenkapitalkosten hat. Dies bedeutet wiederum im Umkehrschluss, dass Unternehmen dann die niedrigsten Kapitalkosten haben, wenn Sie über kein Eigenkapital verfügen und ausschließlich mit Fremdkapital finanziert sind. Beides ist grundsätzlich richtig. Wer über zu viel Eigenkapital verfügt, gibt den Vorteil der steuerlichen Abzugsfähigkeit von Fremdkapitalzins auf, weshalb eine zu hohe Eigenkapitalquote mitunter die Finanzierungsstruktur unangemessen verteuert. Auf der anderen Seite lässt sich eine 100%ige Fremdkapitalfinanzierung kaum erreichen, da das Risiko des Scheiterns eines Unternehmens natürlich mit steigender Fremdkapitalquote zunimmt.

Ein Unternehmen muss also eine möglichst optimale Balance zwischen Eigen- und Fremdkapital finden, um die Gesamtkapitalkosten auf ein Minimum zu begrenzen und die Vorteile der Fremdkapitalfinanzierung bei streng kontrolliertem Risiko zu nutzen.

Fazit

Die Bestimmung der Eigenkapitalkosten ist eines der schwierigsten und am meisten diskutierten Themen der Unternehmensbewertung. Neben dem dargestellten CAPM-Modell gibt es verschiedene andere Theorien zur Bestimmung der Kapitalkosten. Auch das CAPM-Modell selbst ist deutlich differenzierter und komplexer als es hier übersichtshalber dargestellt wurde. Es ist in jedem Fall wichtig zu berücksichtigen, dass Eigenkapitalkosten eine sehr wesentliche Rolle in der Unternehmensbewertung spielen, weshalb man ihnen eine hohe Gewichtung beimessen muss.

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