Weniger ist mehr
Die Aktienmärkte gleichen einem Ameisenhaufen. Eine große Horde an Menschen ist unentwegt aktiv, kauft und verkauft Aktien, schichtet
ihr Portfolio um und macht sich Gedanken darüber, was morgen oder nächste Woche an den
Märkten passieren wird.
Was den meisten Anlegern mit diesem Vorgehen
nicht klar ist, ist, dass dies genau zum Gegenteil
vom dem führt, was eigentlich ihr Ziel ist. Natürlich ist das Ziel eines jeden Anlegers sein Vermögen zu vermehren. Diese hohe Aktivität, gar Hektik, hat jedoch erhebliche Nachteile, die diesem
Ziel klar zuwider läuft. Denn, Stress führt zu vorschnellen und damit zu häufiger schlechten Entscheidungen.
Die wesentliche Frage ist also, warum wir uns
einem solchen Stress aussetzen? Sicherlich
nicht freiwillig. Vielmehr entstehen der Stress
und die Hektik durch simple Designeffekte und
unsere Denkweise über das Thema Portfolioaufbau.
Mammutaufgabe Ideenfindung
Stellen Sie sich einmal einen durchschnittlichen
Aktienfonds vor. Ein solcher Fonds hat eine Positionsanzahl von vielleicht 48 Unternehmen
und diese Unternehmen werden im Durchschnitt über 2 Jahre (24 Monate) hinweg im
Portfolio gehalten. Diese simple Betrachtung
macht deutlich, dass der Fondsmanager dieses
Fonds zwei neue Aktien pro Monat finden muss
(48 Depotpositionen / 24 Monate Haltedauer)!
Damit aber nicht genug. Wenn der Fonds Überrenditen erzielen soll, müssen diese zwei Aktien
auch noch stärker performen als der Markt.
Das klingt nach einer Mammutaufgabe. Klar,
viele Fonds können auf große personelle Ressourcen zurückgreifen, die eine solche Anzahl
an neuen Investmentideen generieren können.
Jedoch muss schlussendlich der Fondsmanager
noch immer vier Entscheidungen pro Monat
treffen, zwei Verkäufe, zwei Käufe. Das ist sehr
viel und raubt viel Zeit, die eventuell besser dafür verwendet werden könnte, sich mit einem
Unternehmen sehr intensiv auseinanderzusetzen und das Verständnis zu vertiefen, einfach
um eine sehr starke Überzeugung zu erarbeiten.
Ein anderes Problem, dass daraus entsteht, ist
das Risiko, dass bei der Vielzahl an neuen Titeln
einer oder mehrere Titeln dabei sind, die es
nicht schaffen Überrenditen zu generieren. Bei
einer nur wenig intensiven Analyse und einer
hohen Anzahl an neuen Titeln ist das durchaus
wahrscheinlich und natürlich nicht optimal.
Ideenformel
Diese Betrachtung zeigt uns, dass wir zwei wesentliche Variablen haben, die uns dabei helfen,
eine bessere Rendite zu erzielen: Die Anzahl der
Aktien im Portfolio und deren Haltedauer. Diese
beiden Variablen bestimmen darüber, wie viele
neue Ideen wir generieren müssen und wie tief
wir uns in unsere Investments einarbeiten können. Schlussendlich sind das für die Rendite
kritische Faktoren. In einer einfachen Formel
verpackt, sieht das so aus:
Anzahl der Aktien / Ø Haltedauer einer Position in Monaten = Neue benötigte Investmentideen pro Monat
Mithilfe der Formel können wir errechnen, wie
viele neue Ideen notwendig sind, in Abhängigkeit von Portfoliogröße und durchschnittlicher
Haltedauer einer Position. Wir haben oben bereits ein Beispiel angeschaut. Ein Extrembeispiel
wäre z.B. ein Fonds mit 100 Positionen und 24
Monaten durchschnittlicher Haltedauer pro Position.
Hier würde sich errechnen, dass pro Monat ca. 4 neue Ideen generiert werden müssten
(100 Positionen / 24 Monate Haltedauer = 4,16
≈ 4). Das sind 48 neue Aktien pro Jahr! Selbst für
größere Analystenteams erscheint das eine
hohe Zahl, weil diese Ideen wie gesagt natürlich auch Überrenditen erzielen müssen und nicht
irgendwelche Ideen sein dürfen!
Anzahl reduzieren, Haltedauer erhöhen
Die Anzahl der Aktien im Portfolio zu reduzieren,
ist eine der Stellschrauben an der wir drehen
können, um den Stress, Ideen generieren zu müssen, zu senken. Selbst bei einer relativ kurzen
Haltedauer von 24 Monaten, wie im Beispiel
oben, würde die Reduktion von 48 Titeln im Portfolio auf 24 Titel helfen die notwendigen neuen
Ideen von 2 pro Monate auf 1 pro Monat zu senken. Immerhin. Aber auch 12 Ideen pro Jahr zu
generieren, die wirklich Überrendite versprechen, ist eine große Aufgabe.
Daher müssen wir auch die zweite Komponente
der Formel im Betracht ziehen und langfristiger
Denken. Aktien sollten wir nur dann kaufen,
wenn wir eine möglichst langfristige Haltedauer
im Sinn haben. Wenn wir bei einem Portfolio mit
48 Titeln die Haltedauer von 24 Monate auf 48
Monate erhöhen, verringert sich die Zahl notwendiger neuer Ideen entsprechend von 2 Titeln pro
Monat auf 1 Titel pro Monat.
In der Kombination, also z.B. eine Reduktion von
48 auf 24 Titel und eine Verlängerung der Haltedauer von 24 auf 48 Monate, bringt uns von 2 Titeln pro Monat, die wir finden müssen, auf 0,5.
Oder in Jahren ausgedrückt, von 24 Titeln pro
Jahr auf 6 Titel pro Jahr. Das ist eine ganz andere
Nummer, die durchaus zu bewerkstelligen ist.
Denn, mit 6 Titeln pro Jahr hat man pro Titel immerhin 2 Monate Zeit sich mit einem Unternehmen intensiv zu beschäftigen. Das ist eigentlich
noch immer zu wenig, aber deutlich besser zu
bewerkstelligen als im anderen Fall, wo man pro
Titel nur 2 Wochen Beschäftigungszeit hat. Diese
Unterschiede sind immens und sind ein riesiger
Faktor hinsichtlich der Qualität der Arbeit! Logischerweise lässt sich in zwei Monaten ein deutlich besseres Verständnis zu einem Unternehmen
aufbauen als in zwei Wochen.
Noch nicht am Ziel
Diese Überlegungen waren einer der wesentlichen Gründe, warum die Alpha Star-Fonds in den
vergangenen Jahren eine nochmals verbesserte
Entwicklung aufgewiesen haben als zuvor. Noch
Mitte 2018 waren im Alpha Star Aktienfonds 32
Titel enthalten. Die durchschnittliche Anlagedauer lag damals bei 2,3 Jahren bzw. rund 28
Monaten. Mehr als eine Idee pro Monat war
demnach notwendig. Wir hatten Glück, denn
zum damaligen Zeitpunkt waren die Aktienmärkte günstig bewertet und attraktive Chancen waren reichlich vorhanden.
Heute bestehen die Portfolios der Alpha Star Fonds aus maximal 20 Titeln und die Haltedauern, auf die wir abzielen, sind mit mindestens 5
Jahren (60 Monate) erheblich länger. Damit hat
sich die Anzahl notwendiger neuer Ideen auf 4
Titel pro Jahr reduziert. Für jede neue Idee haben wir also 3 Monate Zeit zur Analyse. Das hat
meiner Meinung nach nochmals zu einer wesentlichen Qualitätsverbesserung geführt und
ist einer der Gründe, warum sich die Resultate
in den vergangenen drei Jahren nochmals verbessert haben.
Noch sind wir nicht am Ende der Reise. Während die Titelanzahl von 20 nicht weiter reduziert werden kann (aufgrund regulatorischer
Anforderungen), können wir uns noch stärker
darauf konzentrieren die Portfolios mit Titeln zu
bestücken, von denen wir überzeugt sind, dass
wir sie nochmals länger im Portfolio halten können. Das sollte der Rendite nicht zum Schaden
sein. Mit Titeln wie Eckert & Ziegler, IVU oder 2G
Energy ist das schon gut gelungen, mit Haltedauern von inzwischen jeweils über 5 Jahren.
Fazit
Warren Buffett hat einmal gesagt, dass man sich
vorstellen solle eine Stempelkarte mit 20 Feldern zu haben. Jedes Mal, wenn man eine Aktie
kauft, würde ein Feld auf der Karte ausgestempelt. Ist die Karte vollgestempelt, darf man keine Aktien mehr kaufen. Die Karte muss also ein
ganzes Leben lang ausreichen. Mit dieser Vorstellung solle man sich Investments überlegen.
Was Buffett so schön bildlich formuliert, meint
genau das, was wir in diesem Artikel beschreiben. Einige wenige Titel, die dafür sehr gut und
gründlich überlegt sind, reichen aus, um langfristig Überrenditen zu erzielen, wenn man
diese Titel möglichst lange im Depot belässt.
Der schöne Nebeneffekt dabei ist, das Ganze
passiert ohne die allgegenwärtige Hektik am
Aktienmarkt, sondern in aller Ruhe.
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Autor des Beitrags "Weniger ist mehr - Portfoliogröße":
Alpha Star Management GmbH
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