Risiko –
anders gedacht
Angesichts der jüngsten Schwankungen und
Kursverluste an den Börsen scheint eine neuerliche Betrachtung des Risikos mehr als aktuell.
Nicht nur an den Finanzmärkten ist dieser Begriff
der am häufigsten missverstandene Aspekt. Akademiker betrachten Risiko in erster Linie als Volatilität, also als den Schwankungsgrad, welchem
die Aktienkurse ausgesetzt sind. Die Finanzwissenschaft hat diese Sichtweise noch verfeinert und mit dem griechischen Buchstaben Beta
das systematische Risiko einer Aktie oder eines
Portfolios relativ zu einem Referenzmarkt beschrieben.
Risiko – ein griechischer Buchstabe?
Ist es hilfreich, das Risiko mit Preisschwankungen
gleichzusetzen und auf einen griechischen Buchstaben (Beta-Faktor) zu reduzieren? Dies mag
mathematisch eine elegante Lösung darstellen,
aber es hilft uns wenig, intelligente Investmentscheidungen zu treffen. Weitaus lösungsorientierter ist es, das Risiko in Abhängigkeit einer
Zeitspanne zu sehen.
„Wer in Aktien investiert, sollte sich keine allzu
großen Sorgen über erratische Schwankungen der
Aktienkurse machen, da sich der Aktienmarkt
kurzfristig wie eine Wahlmaschine verhält, langfristig jedoch wie eine Waage“
Benjamin Graham
Was wollte uns Ben Graham, der Mentor von Warren Buffett, mit diesem Zitat verdeutlichen? Kurzfristig sind die Aktienkurse von der „Laune“ der
Marktteilnehmer abhängig. Bestehen Sorgen
über eine galoppierende Inflation, steigende Zinsen oder gar eine tiefgreifende Rezession, verkaufen die Börsianer hektisch ihre Aktien und die
Kurse fallen in der Folge. Sind die Marktteilnehmer hingegen optimistisch oder gar euphorisch
und prognostizieren etwaige gute Konjunkturdaten oder Unternehmensnachrichten weit in die
Zukunft, steigen die Börsenkurse dementsprechend an. Für das kurzfristige Kursniveau ist es ausschlagegebend, in welche Richtung die Marktteilnehmer votieren, daher Grahams Metapher
einer Wahlmaschine.
Sollten Sie dann in Aktien investieren, wenn Sie
in den 6 oder 12 Monaten eine größere Anschaffung, beispielsweise die eines Autos, planen? Da
niemand weiß, wie sich die Laune des Marktes
kurzfristig entwickeln wird, ist es durchaus sinnvoll, Bargeld zu halten. Eine Anlage in Aktien erscheint hier eher riskant.
Ein konkretes Beispiel zeigt jedoch, wie sich das
Aktienkursrisiko ins Gegenteil verkehrt, wenn die
Anleger einen Zeithorizont von fünf oder mehr
Jahren mitbringen. Für die Alpha Star-Europastrategie analysierten wir zuletzt ausführlich das
norwegische Medizintechnikunternehmen Medistim. Über die letzten 5 Jahre betrug die Kapitalrendite – eine der wichtigsten Kennzahlen in
unserem Analyseprozess – durchschnittlich 30 %.
Im gleichen Zeitraum konnte die Firma ihren Gewinn um 18 % pro Jahr steigern, was in etwa einer Gewinnverdopplung entspricht. Bei dieser
dynamischen Gewinnentwicklung überrascht es
wenig, dass der Aktienkurs über diesen Zeitraum
um 30 % pro Jahr gestiegen ist. Dies bringt uns
auch zur zweiten Botschaft des Ben-Graham-Zitats: Langfristig folgt der Aktienkurs der operativen Gewinnentwicklung der jeweiligen Firma.
Wenn man nun vor der Wahl steht, einerseits in
ein erstklassiges Unternehmen zu investieren,
das dauerhaft Kapital zu hohen Renditen reinvestieren und somit profitabel wachsen kann
oder andererseits Bargeld zu halten, welches im
besten Fall eine minimale Rendite erwirtschaftet,
dann liegt die Entscheidung auf der Hand. Aus der langfristigen Betrachtungsweise ist das Investieren in hochrentable und wachsende Unternehmen vorzuziehen und das Halten von Cash daher
als riskanter anzusehen.
Eine alternative Sichtweise auf das Risiko
Bevor wir uns über eine verbesserte Version des
Risiko-Begriffs verständigen können, ist es sinnvoll, sich die Ziele des Investierens zu verdeutlichen. Als Fonds-Advisor sehen wir unsere Aufgabe darin, ein konzentriertes Portfolio aus den
besten Unternehmen zusammenzustellen, dass
langfristig eine Rendite von mindestens 15% p.a.
erzielen kann. Dabei ist uns bewusst, dass die
jährliche Rendite nicht nur schwankt, sondern
auch in einigen Jahren negativ sein wird. Unser
Augenmerk liegt ausdrücklich nicht auf dem
Minimieren dieser Schwankungen, sondern auf
einer hohen durchschnittlichen Rendite über
einen möglichst langen Zeitraum. Als größtes
Risiko sehen wir daher nicht die Schwankungen
an sich, sondern die Gefahr das Renditeziel zu
verfehlen und lediglich einen niedrigeren, enttäuschenden Ertrag zu erzielen.
Wie kann es nun zu diesen Enttäuschungen kommen? In erster Linie wird dies im Zusammenhang
mit den operativen Entwicklungen der individuellen Portfolio-Unternehmen stehen. Das bedeutet,
dass die prognostizierte Unternehmens- und Gewinnentwicklung schwächer ausfällt als erwartet.
Für ein weniger dynamisches Wachstum kann es
eine Reihe von Gründen geben. Beispielsweise
könnte es der Fall sein, dass das Unternehmen
nur eine schwach ausgeprägte Innovationskraft
besitzt und deren Produkte oder Services kein
Alleinstellungsmerkmal aufweisen. Es wäre aber
auch denkbar, dass die Wettbewerbsintensität in
der Branche sehr hoch ist und keinerlei nennenswerte Eintrittsbarrieren für Konkurrenten bestehen. In beiden Fällen ist es sehr wahrscheinlich,
dass ein Wettbewerb die profitablen Wachstumsmöglichkeiten weitgehend verhindert und somit
die Gewinnentwicklung erheblich dämpft.
Letztlich bieten nicht nur die Unternehmen selbst
Raum für Enttäuschungen, sondern auch die
jeweiligen Märkte, in denen die Firmen aktiv sind.
Handelt es sich um nicht nachhaltig wachsende
oder gar strukturell schrumpfende Industrien,
wird es selbst für erfolgreiche Unternehmen
deutlich schwieriger attraktive Wachstumsraten
zu generieren.
Aus diesen Aussagen wird deutlich, dass das Risiko beim Investieren eben nicht in steigenden
oder fallenden Kursen liegt, sondern in der (fehlenden) Qualität der Portfoliounternehmen. Dies
hat in der Folge einen profunden Einfluss auf den
Investment- und Analyseprozess bei Alpha Star,
um genau diese Risiken zu umgehen.
Was wir tun, um Risiken zu reduzieren
Wir fokussieren uns lediglich auf eine geringe
Anzahl an Unternehmen – Qualität geht klar vor
Quantität. Diese Unternehmen zeichnen sich
durch eine hohe Innovationskraft aus, die es
ihnen ermöglicht, Eintrittsbarrieren für die Konkurrenz zu schaffen. Meist sind diese Firmen
uneingeschränkter Marktführer und nicht selten
Monopolanbieter in strukturell wachsenden
Märkten. Diese Marktposition ermöglicht ihnen
nachhaltig zu wachsen und eine außerordentlich
hohe Profitabilität zu erzielen, was Reinvestitionen in zukünftiges Wachstum erlaubt. Letztlich
vermeiden wir Risiken im Zusammenhang mit
schwachen Unternehmensbilanzen und bestehen
auf Unternehmen mit keinen oder nur geringen
Finanzschulden. Durch dieses Vorgehen wollen
wir die Wachstumschancen optimal nutzen und
begrenzen gleichzeitig die Wahrscheinlichkeit
negativer Überraschungen.
Fazit
Kurzfristig ist das Investieren am Aktienmarkt
durchaus als riskant zu bezeichnen. Durch Verkäufe und das „Abwarten an der Seitenlinie“ lässt
sich das Risiko vorübergehend begrenzen. Langfristig jedoch ist der Verzicht auf Aktien- oder
Fondsvermögen weitaus riskanter, da herausragende Unternehmen Kapital zu hohen Erträgen
reinvestieren und somit wachsen können. Von
der Seitenlinie können wir diesen Renditen allerdings nur zusehen und sie leider aber nicht vereinnahmen.
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Autor des Beitrags "Risiko – anders gedacht":
Alpha Star Management GmbH
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