Risiko und Unsicherheit
Mit dem Einmarsch in die Ukraine hat Russland
die Sicherheit Europas ins Wanken gebracht.
Dieser Zustand der Bedrohung geht auch an den
Börsen nicht spurlos vorüber. In den vergangenen Wochen haben sich Anleger tendenziell vom
Markt zurückgezogen, was die Börsen hat weiter
absacken lassen, nachdem zuvor bereits die
steigende Inflation die Marktstimmung getrübt
hatte.
Im Zusammenhang mit derartigen Ereignissen
und den damit einhergehenden Marktschwankungen sprechen Anleger häufig von „Risiko“.
Auch wenn die meisten Alpha Star-Anleger über
die Jahre hinweg sehr gut gelernt haben, dass
Schwankungen an der Börse dazugehören und
sich davon nicht mehr aus der Fassung bringen
lassen, möchten wir diese Situation einmal
mehr dazu nutzen, um das Thema „Risiko“ noch
einmal genauer zu beleuchten.
Was ist Risiko?
Genaugenommen dürfen wir in den meisten
Fällen, wenn es um die Börse und das Investieren geht, nicht von Risiko sprechen. Per Definition haben wir es bei einem Risiko mit einer
Situation zu tun, in der die Wahrscheinlichkeiten der Ergebnisse gut definierbar sind. Wenn
wir zum Beispiel im Casino spielen oder bei einer Lotterie tippen, wissen wir sehr genau, mit
welcher (niedrigen) Wahrscheinlichkeit wir gewinnen werden. Auch Versicherungsunternehmen haben über die Jahre Unmengen an Daten
gesammelt, die es ihnen erlauben, sehr genau
einzuschätzen, wie wahrscheinlich es ist, dass
ihre Glasbruchversicherung einmal in Anspruch
genommen wird und wenn ja, in welcher Höhe.
Weil wir die Wahrscheinlichkeiten von Risiken
kennen, können wir Risiken auch gut steuern.
Wenn ich ein Münzwurfspiel spiele, bei dem ich
bei jedem Mal „Kopf“ 1 € bezahlen muss und bei
jedem Mal „Zahl“ 2 € bekomme, weiß ich, dass
ich mit diesem Spiel gewinnen werde, wenn ich
nur ausreichend lange spielen darf. Denn langfristig liegt die Wahrscheinlichkeit für Kopf oder
Zahl bei jeweils 50 %. Bei Risiken kann man berechnen, wie hoch mein Erwartungswert für Gewinn und Verlust ist.
Risiken begegnen uns im Alltag sehr wohl, aber
wir können sie auch gut kontrollieren. Oft kreieren wir Risiken auch selbst, etwa durch kopfloses Handeln. Das sind zum Beispiel Situationen, in denen wir Lottoscheine ausfüllen oder
ins Casino gehen, um beim Roulette auf Rot zu
setzen. Wenn ich trotz roter Ampel über die
Straße gehe, dann setze ich mich einem messbaren Risiko aus, überfahren zu werden.
An der
Börse kann man Risiken in Bezug auf Unternehmen meist gut abschätzen. Ein Unternehmen,
das über wenig Eigenkapital verfügt, stark verschuldet ist oder schrumpft und keine Gewinne
produziert, hat eine statistisch höhere Wahrscheinlichkeit, insolvent zu gehen oder zumindest nicht so zu prosperieren, wie ein stark eigenfinanziertes Unternehmen, das Wachstum
und hohe Gewinne generiert.
Was sind Unsicherheiten?
Was uns an der Börse viel häufiger begegnet, ist
Unsicherheit. Bei Unsicherheit sprechen wir
über Situationen, in denen wir die Wahrscheinlichkeit nicht verlässlich bestimmen können. Wir
haben zwar eine Ahnung davon, was passieren
könnte, aber nicht davon, wie hoch die Wahrscheinlichkeit bestimmter Ausgänge ist. So ist es
mit der derzeitigen Ukraine-Krise auch. Wir können Szenarien darüber entwerfen, was im weiteren Verlauf passieren könnte, aber wir können
die Wahrscheinlichkeiten nicht wirklich genau
bestimmen. Dafür gibt es zu viele unbekannte
Faktoren und zu wenige Messgrößen.
Unsicherheit ist, was das große Ganze viel deutlicher prägt, was die langfristige Entwicklung
unserer Welt beeinflusst und was uns deutlich
häufiger begegnet. Es besteht Unsicherheit über triviale Dinge, wie zum Beispiel darüber, wer der
nächste Fußball-Weltmeister wird, aber auch darüber, wann, wo und wie der nächste Terroranschlag bevorsteht, wann uns eine neue Finanzkrise ereilen wird, wann und ob die nächste Welle
der Pandemie über uns schwappt oder was der
Klimawandel für Folgen haben wird.
Sie merken, wenn wir über Unsicherheiten
sprechen, dann sind das Ereignisse, über die wir
keine Kontrolle haben, ob und wann sie eintreten
oder eben nicht. Auch auf die Börsen haben diese Unsicherheiten einen Einfluss, und auch an
der Börse spielen Unsicherheiten eine weitaus
größere Rolle als Risiken. Ich möchte Ihnen dazu
ein Beispiel geben:
Im Jahr 2016 gab es zwei wesentliche Ereignisse,
die Börsianer als „riskant“ eingestuft haben, die
BREXIT-Entscheidung und die US-Präsidentenwahl. Sowohl die Abstimmung für den BREXIT als
auch der Wahlsieg von Donald Trump wurden als
schlechte Ausgänge für die Börsen gewertet. Also
haben sich viele gegen diese Ereignisse abgesichert. In der Tat sind beide „negativen“ Ereignisse
eingetreten, wie wir heute wissen. Dennoch sind
die Börsen gestiegen. Da es vorher noch nie eine
BREXIT-Abstimmung gegeben hat und auch Donald Trump vorher noch nie als Präsident kandidiert hat, gab es keine verlässlich bestimmbare
Wahrscheinlichkeit für den Ausgang beider
Events. Beide waren keine Risiken, sondern Unsicherheiten, ohne dass wir vorher hätten wissen
können, wie sie ausgehen oder was die Konsequenzen sein würden.
Was können wir tun?
Unsicherheiten bestehen und werden unser Leben, auch an der Börse, immer bestimmen. Was
wir tun können, ist, uns auf das zu fokussieren,
was wir wissen können! Wir können unsere Zeit
sinnvoll damit verbringen, zu verstehen, wie Industrien und Branchen funktionieren, wie Unternehmen arbeiten und was sie für Produkte erzeugen, welche Vorteile sie gegenüber Wettbewerbern haben oder wie eine Unternehmenskultur
gelebt wird. Wenn wir uns auf das konzentrieren,
was vor uns liegt, und um das kümmern, was
tatsächlich ohne Spekulation erfassbar ist, haben wir ausgezeichnete Chancen, Dinge zu lernen und zu erfahren, die andere nicht sehen. So
können wir uns Einblicke erarbeiten, die andere
nicht haben. Gleichzeitig erhöhen wir die Wahrscheinlichkeit enorm, dass wir in sehr gute Unternehmen investieren, was wiederum tatsächlich Risikominimierung bedeutet.
Das ist einer der Punkte, die wir bei Alpha Star
seit jeher kultiviert haben. Dieser Fokus auf das
einzelne Unternehmen sorgt dafür, dass wir auf
Gesellschaften setzen, die zum einen in einer
starken Verfassung sind und zum anderen eine
exzellente Marktstellung innehaben. Wenn diese Unternehmen von Ereignissen getroffen werden, sei es eine Finanzkrise, Pandemie oder ein
Zinsanstieg, dann sind wir überzeugt, dass diese Unternehmen auch nach der Krise noch genauso stark sind wie vorher und damit einen
idealen Nährboden haben, um ihre Gewinne
weiter zu steigern.
Der zweite Punkt, um die Auswirkungen von
Unsicherheiten zu begrenzen, ist, Aktien niemals zu einem zu teuren Preis zu kaufen in Relation zu ihrer Ertragsstärke. Da Unsicherheiten
immer und jederzeit für Furore an den Börsen
führen können, ist es wichtig, Aktien nur zu einem Preis zu kaufen, der einen Sicherheitsabschlag beinhaltet. Man spricht hierbei von
einer Margin of Safety. Investorenlegende
Warren Buffett hat dies als „den Dollar für 80
Cent kaufen“ bezeichnet. Auch dieses Prinzip
haben wir bei Alpha Star seit jeher stringent
verfolgt.
Fazit
Wir werden Krisen auch in Zukunft nicht verhindern oder vorhersagen können. Und wir können uns sicher sein, dass uns weitere Krisen
treffen werden. Was wir tun können, ist, uns auf
Unsicherheiten vorzubereiten und somit die
Auswirkungen auf unsere Fonds zu reduzieren.
Dabei geht es weniger darum, die Kurse stabil
zu halten, wenn die Märkte insgesamt fallen. Es
geht primär darum, nachhaltig negative Auswirkungen zu vermeiden. Die Auswirkungen reduzieren heißt vorrangig, auch nach einer Krise
in Unternehmen investiert zu sein, die diese
schadlos überstanden haben. Diese Qualität ist
die beste Versicherung gegen unerwartet auftretende Ereignisse und die beste Lösung, um
nachhaltige Überrenditen zu erzielen.
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Autor des Beitrags "Risiko und
Unsicherheit":
Alpha Star Management GmbH

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