Die Kelly-Formel –
Wie viele Titel sollte
ein Depot umfassen?
Welchen Anteil ihres Depots würden Sie auf eine Aktie setzen, wenn Sie mit 100%iger Sicherheit wüssten, dass diese Aktie in den nächsten 12 Monaten
um 80% steigt?
Natürlich würden Sie alles setzen,
also 100% Ihres Depots. Denn, wenn Sie zu 100%
sicher sein können, dass die Aktie steigt, liegt das
Risiko im Gegensatz dazu bei Null. Man müsste
nicht lange überlegen, dass der volle Einsatz sinnvoll ist.
Leider ergeben sich solche Möglichkeiten an der
Börse nicht, weil wir nie eine 100%ige Sicherheit
darüber haben, wie sich die Kurse entwickeln werden. Vielmehr sind die Fragestellungen bei Aktien
noch komplexer, nämlich, mit welcher Wahrscheinlichkeit steigt eine bestimmte Aktie, um wie viel und
in welchem Zeitraum? Daher stellt sich die Frage,
wie hoch sollte der Anteil unseres Depots sein, der
in eine Aktie investiert wird? Wie hoch zwischen 0%
und 100% ist die optimale Gewichtung einer Aktie?
Einen Denkansatz liefert dabei die sog. Kelly-Formel, die vom Wissenschaftler John Kelly Jr. entwickelt wurde, eigentlich für den Wettbereich. Für
den Aktienmarkt lassen sich jedoch interessante
Parallelen ziehen. Mathematisch betrachtet, stellt
sich die Formel in vereinfachter Form wie folgt dar:
Höhe des Investments in % vom Gesamtvermögen =
2 * Wahrscheinlichkeit für überdurchschnittliche Rendite - 1
Die Wahrscheinlichkeit wird dabei in Dezimalzahlen
eingetragen und nicht in Prozent, z.B. 100% als 1,0,
50% als 0,5, 20% als 0,2 usw. In unserem Eingangsbeispiel der 100%igen Sicherheit würde sich die
Formel also so zeigen: 2 * 1,0 - 1 = 1, was wieder in
Prozent ausgedrückt 100% bedeutet. Ein weiteres
Beispiel:
Sie erwarten, dass eine Aktie mit 60%
Wahrscheinlichkeit eine Überrendite generiert. Dann
würde die Formel indizieren, dass Sie 2 * 0,6 - 1 =
0,2 = 20% Ihres Depots auf diese Aktie setzen sollten. Im Umkehrschluss gibt die Formel aber auch
vor, dass Sie dann keinen Cent auf eine Aktie setzen
dürfen, wenn die Wahrscheinlichkeit bei 50% oder
darunter liegt: 2 * 0,5 – 1 = 0.
Was können wir aus der Kelly-Formel lernen?
Das Interessante an der Kelly-Formel ist meines Erachtens, dass Sie den Kenntnisstand des Anlegers
bzw. die Qualität der Informationen zu einer bestimmten Aktie in die Betrachtung einbezieht.
Wenn wir heute in eine x-beliebige Aktie investieren, ohne das zugrundeliegende Unternehmen zu
kennen und uns damit auseinanderzusetzen, dann
haben wir eine 50%ige Chance, dass diese Aktie
steigt oder fällt. Das sagt auch die klassische Portfoliotheorie, die davon ausgeht, dass niemand einen Informationsvorsprung hat und daher eine
Überrendite langfristig nicht möglich ist. Das ist
nicht zuletzt das Argument, warum viele Investoren
in den vergangenen Jahren zu ETFs gegriffen haben und damit auf Überrendite verzichten.
Die Realität sieht jedoch anderes aus. Es gibt sehr
wohl Fonds, die es auch über einen langen Zeitraum, etwa über 10 oder 20 Jahre, geschafft haben
den Markt zu schlagen. Zugegeben, es sind kaum
mehr als 10% aller Fonds, aber es gibt sie. Der
Grund dafür ist, dass es in der Realität sehr wohl
Informationsvorsprünge gibt. Das bedeutet, dass
die Möglichkeit besteht sich einen Vorteil zu erarbeiten, und zwar indem man die Wahrscheinlichkeit für eine Überrendite auf über 50% bringt. Das
wiederum macht einen mathematisch bestimmbaren, strategischen Vorteil aus, der eine langfristige und nachhaltige Überrendite ermöglicht.
In Sachen Gewichtung von Positionen und Anzahl
der Titel im Portfolio heißt das im Umkehrschluss,
dass ein Portfolio konzentrierter sein sollte, wenn
ein entsprechender Aufwand betrieben wird, um die
Wahrscheinlichkeiten für Überrenditen zu erhöhen.
Die Kelly-Formel muss dabei nicht eins zu eins angewendet werden. Die Aussage der Formel ist entscheidend: Je höher die Wahrscheinlichkeit für
Überrenditen ist, desto höher muss die Depotgewichtung sein. Im Umkehrschluss können dann
entsprechend weniger Titel insgesamt im Portfolio
sein.
In klaren Worten ausgedrückt, heißt das: Ein konzentriertes Portfolio mit relativ wenigen Titeln, die sehr
gut recherchiert und selektiert sind, ist einem breit
gestreuten Portfolio überlegen, das willkürlich oder
nach quantitativen Kriterien zusammengestellt ist
(z.B. nach Börsenwert, wie in einem Index).
Man kann darüber hinaus festhalten, dass in einem
aktiv gemanagten Depot nicht mehr als 50 Titel enthalten sein dürften. Denn, wenn ein Manager eines
aktiven Fonds Titel auswählt, dann sollte jeder dieser Titel zumindest eine kleine Wahrscheinlichkeit
für Überrenditen haben, also zumindest 51%. Andernfalls könnte der Anleger auch in ein ETF investieren. Mit 51% Wahrscheinlichkeit auf Überrendite
pro Titel würde die Kelly-Formel eine Gewichtung
von 2% pro Titel ergeben, was im Umkehrschluss
bedeutet, dass maximal 50 Titel ins Depot können.
Jedes aktives Portfolio mit mehr als 50 Titeln ist
daher suboptimal.
Wahrscheinlichkeiten bestimmen
Wie oben gesehen, würden bei einer Wahrscheinlichkeit von 60% bereits 20% des Depots in eine Aktie investiert werden. Bei einer Wahrscheinlichkeit
von 70% wären es bereits 40%. Daran lässt sich bereits ablesen, wie schwer es sein muss, eine Wahrscheinlichkeit von 70% zu ermitteln. Kaum jemand
geht so hohe Gewichtungen in einem Portfolio ein.
Wir glauben, dass bei viel Aufwand eine durchschnittliche Wahrscheinlichkeit für Überrenditen von
55-60% erreicht werden kann. Auch wenn die Größenordnungen in Einzelfällen höher liegen können,
lässt der Aktienmarkt über einen langen Zeitraum
nicht mehr zu. Das reicht jedoch aus, um ordentliche
Überrenditen zu generieren.
Wahrscheinlich haben Sie schon einmal einen Analystenbericht oder eine Aktienempfehlung gelesen,
der ein Kursziel für eine bestimmte Aktie ausgegeben hat. Vielleicht sogar einen Zeitrahmen für das
Erreichen des Ziels. Also z.B.: Aktie XY wird in den
kommenden 12 Monaten um 50% steigen. Was praktisch immer fehlt, ist die Wahrscheinlichkeit für dieses Szenario.
Das aber ist entscheidend dafür, wie
viel Geld ich in diese Aktie investieren möchte. Das
ist wiederum Grundlage dafür, wie gut meine Chancen sind, eine Überrendite zu generieren. Der wesentliche Punkt für Überrenditen ist also das Bestimmen von Wahrscheinlichkeiten, was ein richtig
schwerer Job ist. Denn, diese Zahl lässt sich nicht
einfach irgendwo ablesen oder ableiten.
Um die Wahrscheinlichkeit für Überrenditen zu erhöhen, konzentrieren wir uns bei Alpha Star auf die
qualitativen Kriterien von Unternehmen.
Zum Beispiel betrifft das die Belastbarkeit des Geschäftsmodells, die Wettbewerbsstärke, die Qualitäten des
Managements, Kundentreue etc. Solche Faktoren
geben Aufschluss darüber, wie gut prognostizierbar
ein Geschäft für die Zukunft ist bzw. wie verlässlich
ein Unternehmen in 5 oder 10 Jahren deutlich mehr
Umsatz und Gewinn machen wird. Klarheit darüber
erhöht die Wahrscheinlichkeit einer guten Geschäftsentwicklung und damit für Überrenditen.
Fazit
Die Kelly-Formel gibt uns als Aktionären gute Denkansätze, wie wir über die Anzahl von Depotunternehmen und deren Gewichtung nachdenken sollten.
Wesentlich dabei ist, dass wir versuchen müssen
die Wahrscheinlichkeit für Überrenditen bestmöglich
herauszuarbeiten. Das geht nur, indem wir uns so
gut es geht in die Unternehmen einarbeiten.
Je
besser uns das gelingt, desto sinnvoller ist es, das
Portfolio so konzentriert wie möglich zu gestalten.
In den Alpha Star-Fonds streuen wir das Fondsvermögen auf maximal 20 Titel, weil wir der Auffassung sind, dass eine derartige Konzentration uns
gute Möglichkeiten gibt unseren Analysevorteil zur
Geltung lassen zu kommen. Das ist unserer Auffassung nach einer der wesentlichen Gründe für die
starke Renditeentwicklung gegenüber den Indizes
und vielen anderen Fonds in den vergangenen Jahren. Gleichwohl ist uns bewusst, dass die Historie
der Alpha Star-Fonds noch vergleichsweise kurz ist
und wir auch in den kommenden Jahren an der Bestimmung der Wahrscheinlichkeiten für Überrenditen arbeiten müssen, um die gezeigten Resultate
auch in Zukunft zu bestätigen.
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